Yamaha ist sicherlich einer der tonangebenden Hersteller, wenn es um Musik geht, ich selbst spiele als Gitarre unter anderem eine Pacifica (das Victor Smolski – Modell) und bei Produktionen schwören wir auf die Pulte des japanischen Herstellers. Aber auch was den Hi-Fi-Bereich angeht, ist Yamaha hervorragend aufgestellt, wie wir ja schon beim Test des In-Ears TW-E5B feststellen konnten. Nun also die Over-Ear-Fraktion im Test.
Mit dem YH-L700A hat Yamaha einen drahtlosen, geschlossenen Over-Ear-Kopfhörer im Programm, der durch ein ungewöhnliches Design auffällt. Er wartet mit integriertem Noise Cancelling, 3D-Raumvirtualisierung und Headtracking auf. Äußerlich fällt zunächst das eher ungewöhnliche, eigenständige Design des Yamaha YH-L700A auf. Der gepolsterte Kopfbügel und die Außenseiten der viereckigen Hörmuscheln sind mit dunkelgrauem Stoff bezogen, die Innenseiten dagegen mit schwarzem Kunstleder. Der Kopfhörer unterstützt Bluetooth 5.0 und verarbeitet an Audio-Codecs neben SBC auch AAC und aptX Adaptive. Eine sinnvolle und aktuelle Wahl, auch für geringe Latenzen, obwohl auf den LDAC-Codec mit besonders hoher möglicher Datenrate verzichtet wurde. Eine verlustfreie Klangübertragung bietet die Kabelverbindung, die sowohl aktiv als auch passiv funktioniert, nicht nur praktisch, wenn der Akku aufgibt, sondern auch, wenn Mensch kein Risiko bezüglich Schwankungen in der Signalstärke eingehen möchte. Neben den Bedienelementen am Kopfhörer, der auf fehlerempfindliche Touch-Sensorik verzichtet, steht eine kostenlose App namens „Yamaha Headphones“ für iOS und Android zur Verfügung, die eine weitere Funktionssteuerung anbietet. Hier, aber auch am Hörer selbst lässt sich das integrierte Noise Cancelling und die 3D-Sound-Field-Funktion steuern.
Der Yamaha YH-L700A verfügt über ein aktives Noise Cancelling, mittels des entsprechenden Knopfs oder die App wechselt Mensch zwischen ANC, dem Ambient-Sound-Modus, bei dem Außengeräusche über die Mikrofone in den Hörkanal eingespeist werden, und dem inaktiven Status. So wird bei aktivierten ANC tatsächlich ein Großteil störender Nebengeräusche unterdrückt und die Qualität der Musikwiedergabe bleibt erhalten, dafür sorgt laut Hersteller ein eigens konzipierter Algorithmus. Die Intensität der Nebengeräuschunterdrückung ist nicht übertrieben konzipiert, sodass der Taucherglockeneffekt nicht auftritt, dafür beschränkt sich das Ausblenden vor allem auf tieffrequente Nebengeräusche. Sprache und Tastaturklappern gelangen weiterhin an die Ohren, wenn auch mit reduziertem Pegel. Windgeräusche sind wie bei allen Mitbewerbern ein kleines Problem, das sich technisch bisher kaum vermeiden lässt. Die Umschaltung auf den Ambient-Sound-Modus hingegen ist fast schon so etwas wie eine Offenbarung, der Hörraum vergrößert sich gefüllt und reicht über den Fokus der Musikwiedergabe hinaus. Hier kommt das von Yamaha so bezeichnete 3D-Soundfield zum Tragen, An dieser Stelle nutzt Yamaha DSP-Algorithmen, um dem direkten Klang von Kopfhörern entgegenzuwirken. Dabei greift der japanische Hersteller auf Erfahrungen aus dem Bereich der AV-Verstärker zurück und strebt an, zweikanalige Klangquellen in einen „dreidimensionalen Klangraum“ zu überführen, dazu noch mit möglichem Headtracking. Klanglich geht die DSP-Bearbeitung bei ausgeschaltetem Headtracking und mit konventionellem Quellmaterial sehr subtil vor. Die Musik erhält abhängig vom gewählten Programm wahlweise eine zusätzliche Räumlichkeit, oder eine leichte Dreidimensionalität, die den Klang im Raum entstehen lässt und um Tiefe ergänzt. Die festen Einstellungen „Cinema“, „Drama“, „Music Video“, „Concert Hall“, „Outdoor Live“, „Audio Room“, „Background Music“ bringen auch quellenabhängig mehr Räumlichkeit, wie es eben auch eine gute Raumsimulation im Studio oder Kino vollbringt. Aus audiophiler Sicht allerdings wird dadurch die ursprüngliche Quelle verfälscht. Allerdings gibt es mit „Dolby Atmos“ und „360 Audio“ Formate, die mehrkanalige Mischungen dank Virtualisierung und HRTF auf Kopfhörer übertragen können. Und das erzeugt schon beeindruckend räumliche Ergebnisse. Ergänzend bietet der Yamaha YH-L700A ein Headtracking. Dabei wird die Ausrichtung des Kopfes über Beschleunigungssensoren erfasst und die Stereomitte parallel zur Kopfbewegung mitgeführt. Das ist schon ungewohnt und beim konventionellen Musikhören auch eher störend. Bei Hören speziell aufbereiteter Aufnahmen oder bei Spielen, die entsprechend aufgenommen wurden wird es durchaus interessant und kann spektakulär anmuten, sich im Klangraum drehen und bewegen zu können. Kommen wir zum Klang, für den der Yamaha YH-L700A einen kräftigen Pegel benötigt, damit es gut klingt. Diesen Pegel liefern die Treiber mit Leichtigkeit und auch sonst erfüllt dieser Kopfhörer höchste Ansprüche. Im Bass klingt er aufgeräumt, präzise und druckvoll bis weit in den Tiefbassbereich. Im Mittenbereich überzeugen Stimmen, Instrumente aller Art, von warm bis hin zu aggressiven Verzerrungen. Selbst komplexe Streicher-Arrangements werden perfekt reproduziert. Rock- und Metalmusik klingt in jeder Variante überzeugend. Auch im Hochtonbereich überzeugt der YH-L700A. Er klingt offen, präzise und schnell, gelegentlich fast schon zu hart. In der Gesamtheit betrachtet gelingt dem Yamaha allerdings eine nahezu perfekte Reproduktion der originalen Aufnahme mit exakter Stereowiedergabe. Auch Raumeffekte bildet der YH-L700A perfekt nach. Die Dynamik, die sogar in Kombination mit dem Noise Cancelling im mobilen Einsatz so ausfällt, dass Mensch die Musik erleben kann, ist auch als gelungen zu bezeichnen. Der passive kabelgebundene Betrieb zeigt die perfekte Qualität der Treiber auf. Hier wird, wie auch bei allen vergleichbaren Modellen, der Klang noch um einen Kick besser, dynamischer und prägnanter. Es ist sinnvoll, den YH-L700A mit einem Kabel zu nutzen, wenn es ausschließlich um die perfekte Reproduktion von Musik geht, Im Übrigen soll die gute Sprachqualität nicht unerwähnt bleiben, die bei der Zweckentfremdung des Kopfhörers zum Telefonieren gegeben ist.
Auch das Handling ist perfekt gelöst, dank gut gepolsterter Hörer, die über ein Gelenk schwenkbar und zusätzlich jeweils klapp- und drehbar sind, ergibt sich eine gute Passform des Yamaha YH-L700A. Der Kopfbügel sorgt für einen recht straffen Sitz, allerdings saß er bei mir etwas locker auch neigt der YH-L700A leider dazu, nach vorn zu rutschen. Die Bluetooth-Strecke arbeitete im Testzeitraum verlässlich und über mehrere Räume ohne Unterbrechung. Selten brauchte das Pairing ein zweites Anstupsen. Die Funktionsteuerung am Gerät selbst ist durchdacht. Seitlich auf der rechten Seite befinden sich die Tasten zum Ein- und Ausschalten und Pairing sowie die Steuerung der 3D-Sound-Option, links übernimmt eine Taste die Konfiguration des Noise Cancelling, jeweils angesagt durch Sprachrückmeldungen. Hinzu kommen der USB-C-Anschluss und die einseitige Buchse für den Kabelbetrieb. Ein dreiteiliges Schaltfeld steht auf der Außenseite der rechten Hörmuschel zur Verfügung. Hier sind die üblichen Funktionen wie Start/Pause, Lautstärkeregelung, Track Skipping, Anrufabwicklung und der Aufruf eines Spachassistenten möglich. Automatikfunktionen findet Mensch lediglich in Form einer automatischen Abschaltung nach einer wählbaren Zeitdauer bei Inaktivität. Die weiteren Funktionen und auch Firmware-Updates übernimmt die gut gestaltete App. Die Akkuleistung bietet laut Yamaha eine maximale Nutzungsdauer von satten 35 Stunden bei aktiviertem Noise Cancelling. Wird zusätzlich den 3D-Sound-Field-Modus aktiviert, reduziert sich dieser Wert auf elf Stunden. Die Ladezeit beträgt ungefähr 3,5 Stunden.
Fazit
Der Yamaha YH-L700A gehört auf jeden Fall in die Oberklasse, der bisher von uns getesteten Kopfhörer. Der Preis, je nach Anbieter zwischen 395,- € und 549,- € mag im ersten Augenblick sehr hoch erscheinen, aber Klang, Verarbeitung, Handling und die erweiterte Form des Hörerlebnis durch die 3 D Raumsimulation lassen ihn für uns gerechtfertigt erscheinen. Absolute Kaufempfehlung deshalb für alle Menschen, die einen besonderen Kopfhörer mit einzigartigem Klangerlebnis suchen.
https://de.yamaha.com/de/products/audio_visual/headphones/yh-l700a/




