Foto: (C) Fredrik Hjerling

‚Das Schlimmste wird nicht sein, was die Natur mit uns macht. Das Schlimmste wird sein, was wir einander antun.‘ Nach vielen Jahren der Dürre und brütend heißen Sommern ist der Klimawandel auch nach Schweden gekommen – scheinbar plötzlich und unerwartet stehen Behörden, Regierung und die Öffentlichkeit, den sich rasch ausbreitenden Bränden hilflos entgegen. Jens Hiljestrand ist mit diesem Ausblick auf die kommende Katastrophe, ein Meisterstück gelungen. In ‚Der Anfang von Morgen‘ beschreibt er sensibel und facettenreich aus der Sicht von vier verschiedenen Personen, in welchem Ausmaß die Geschehnisse Einfluss auf ihr Leben nehmen.

Didrik van Esch, mittleren Alters, ist PR-Berater. Mit seiner Frau Carola und seinen drei Kindern, Vilja (14), Zack (10) und Becka (4 Monate) lebt er in Stockholm. Nach der Geburt Beckas hat die Familie beschlossen, ein Jahr am Wasser zu verbringen. Sie befinden sich am Siljan See im Süden Schwedens im Ferienhaus der Schwiegermutter, als sie von einem sic rasch ausbreitenden Waldbrand überrascht werden. Während einer dramatischen Flucht vor dem Feuer, bei der der Nachbar, ein alter Mann, zum Lebensretter wird, gehen Zack und Vilja verloren. Um die Ehe von Didrik und Carola steht es auch nicht besonders. Während Didrik mit Becka Platz in einem desolaten, völlig überfüllten Zug Richtung Stockholm findet, bleibt Carola zurück und sucht nach ihren vermissten Kindern. Mit Brandverletzungen am Kopf, abgerissen und völlig entkräftet findet Didrik Asyl bei seiner verflossenen Affäre Melissa, die die Luxuswohnung des ehemaligen schwedischen Tennisstars Anders Hell hütet. Didriks eigenes Haus ist an eine amerikanische Familie vermietet. Auf der Flucht vor dem Feuer ist Didrik in ein Haus eingedrungen und hat ein Fahrzeug gestohlen, um seine Familie zu retten. Da die Nachricht des Diebstahls bereits im Netz kursiert, hofft Didrik, bei Melissa Schutz zu finden. Doch Melissa ist eine bekannte Influencerin, die noch eine Rechnung mit Didrik offen hat und sich in erster Linie um ihre eigenen Bedürfnisse kümmert. Andre Anders, 19 Jahre, ist der Sohn des ehemaligen Tennisstars. Gefrustet schildert er aus seinem Leben an der Seite seines berühmten Vaters, dem er nie gerecht werden konnte. Er schließt sich einer Gruppe Jugendlicher an, die die Unruhen und bürgerkriegsähnlichen Zustände nutzen, um ihren Frust zu entladen und betreibt mit ihnen wilden Vandalismus in Schärengarten, in der Peripherie Schwedens. Auch Vilja, die schließlich von der Mutter gefunden wird, hat ihren besonderen Blick auf diese Ausnahmesituation und dies ist eine interessante Perspektive.

Verlag: S. FISCHER

544 Seiten,

ISBN: 978-3-10-397190-3

Übersetzt von: Thorsten AlmsKaroline HippeFranziska HütherStefanie Werner

Jens Liljestrand ist ein bekannter schwedischer Kulturjournalist, Literaturkritiker und Autor. Für seine Werke wurde er mehrfach ausgezeichnet. Sein erster Roman, »Der Anfang von morgen«, ist auch international auf überwältigende Resonanz gestoßen. Jens Liljestrand schreibt schon seit Jahren über den Klimawandel und die möglichen Folgen für uns Menschen. Die Idee, jetzt mit einem Roman in das Thema einzutauchen, entstand, als er seinen Kindern ein Korallenriff zeigen wollte, das inzwischen nicht mehr existierte. Die Arbeit an diesem Buch war für Liljestrand auch eine Möglichkeit, selbst aus der lähmenden Klima-Angst herauszukommen: »An unser zukünftiges Leben zu denken, ist hoffnungsvoll und dunkel zugleich. Es könnte eine bessere Welt entstehen aus der fundamentalen Bedrohung, für die wir alle Verantwortung übernehmen müssen. Darauf hoffe ich.«