© Wolfgang Schnuderl

Analog oder Digital? – Wenn wir denn entscheiden dürften! In Cordula Simons Welt in ‘Die Wölfe von Pripjat‘ sind die Würfel längst gefallen. Detailliert, zynisch humorvoll setzt Cordula Simon die aktuelle Digitalisierung und Vernetzung virtuell fort. Ihr Ergebnis ist eine um Banalitäten ringende Regierung, die sich unter Vermeidung von Diskriminierung, erzwungener Gleichheiten und vermeintlich freiwilliger Überwachung jede Menge ‚Hater‘ schafft.  Abweichler werden nach ‚Untermürbewies‘ in ein Lager verbracht, um ihnen die demokratischen Illusionen, auf die sie reinfielen, auszureden.

Eine kleine Gruppe dieses Lagers macht sich unter der Leitung von ‚Potz‘, einem Mitglied der Widerstandsbewegung ‚Die Wölfe von Pripjat‘ auf die Suche nach dem ‚Goldenen reich‘, das sich außerhalb des Überwachungsradius der Union befindet. Doch das Leben ohne Überwachung ist überraschend kompliziert. Seit ihrer Kindheit übernimmt der ‚Lop‘ alle Alltagserledigungen, Termine, Kommunikation im Netz, örtliche Orientierung, Vitalzeichenkontrolle und deren Regulierungen. Sehr angesagt sind morphologische Veränderungen in allen Bereichen, auch des Körpers und des Wetters. Sandor ist Wettermann und verkündet dem Volk der Union mit zuverlässiger Präzision das Wetter. Bis er eines Tages nach einem Vulkanausbruch herausfindet, dass die Union das Wetter beeinflusst. Er entledigt sich seines Lops und verschwindet spurlos. Jackie, die der Gruppe Jugendlicher aus ‚Untermürbewies‘ angehört, wurde als Kind genverändert und gehört den Crispos an. Die Crispos verfügen über außergewöhnliche Fähigkeiten, gelten jedoch in der Gesellschaft der Union als durchgeknallt. Die Union hat ein besonderes Auge auf Jackie. Auch Randgruppen hegen Begehrlichkeiten wegen ihrer Besonderheiten, aber auch wegen des Sackes Reis, den sie besitzt. Jedes Reiskorn beinhaltet die Persönlichkeit einer verstorbenen Person und ist ein beliebtes Zahlungsmittel. Die Union ist sehr bemüht, die Entflohenen aus dem lager wieder einzufangen, die auf ihrer verzweifelten Suche nach dem Goldenen Reich und dem geheimnisvollen Konsul mach böse Überraschung erleben.

Residenz Verlag

400 Seite, 25,- €
ISBN: 9783701717507

Cordula Simon – geboren 1986 in Graz. Studierte deutsche und russische Philologie in Graz und Odessa, wo sie von 2011 bis 2015 auch lebte. Zahlreiche Veröffentlichungen u. a. in „manuskripte“, „lichtungen“, „Zeit-Campus“ sowie „Fleisch“. 2013 Teilnahme an den „37. Tagen der deutschsprachigen Literatur“. Cordula Simon war Stipendiatin des Literarischen Colloquiums Berlin und erhielt für ihr Werk zahlreiche Preise. Zuletzt im Residenz Verlag erschienen: „Wie man schlafen soll“ (2016), „Der Neubauer“ (2018) und “Die Wölfe von Pripyat” (2022). https://www.cordula-simon.at/