© Rainer Friedl
Bereits 1971 erschien ‚Jesus in schlechter Gesellschaft‘, das erste Buch aus der Feder des damaligen Wiener Priesters Adolf Heil. Bereits der Titel enthält unverhohlene Kritik an dem reichsten Wirtschaftsunternehmen der Welt – der röm. kath. Kirche. It der schlechten Gesellschaft meint Holl keineswegs das arme Volk, mit dem Jesus sich zu Lebzeiten umgab, sondern die Kirche selbst, welche die Geschichte von Jesus auf allerhöchster Ebene schändlich missbraucht. Holl wird gefeuert und schreibt danach über 30 weitere Bücher.
Sensibel und wissenschaftlich fundiert, skelettiert er Leben, Herkunft, Lehren und Ziele, befreit von Kirchendogmen, und kommt zu einem ganz neuen Bild, von dem Mensch weder in der vergangenen noch der heutigen, röm.-kath. Kirche viel wieder erkennt. Holl ist überzeugter Anhänger des Jesus von Nazareth und zeichnet in als Rebell, Unruhestifter, Anarchist, Erneuerer und Außenseiter. Von der damaligen Gesellschaft wird er gar als Krimineller stigmatisiert. Die Hohepristerschaft und der Toratreue Pharisäer Orden ist ihm ein Dorn im Auge. Während er sich naserümpfend von der damaligen Elite abwendet, gehört seine Zuneigung dem breiten Sumpf des damaligen Volkes. Bettler, Kranke, Steuereintreiber, Dirnen und einfache Arbeiter. Das heutige, von der Kirche hofierte, Klientel das die vorderen Kirchenbänke einnimmt, erinnert Holl doch eher an den Pharisäer Orden, das aus Rechtschaffenheit Rechthaberei werden lässt und mit ihrer vermeintlichen Frömmigkeit linientreu entgegen der Lehre Jesu handelt. Jesus von Nazareths Ablehnung von Hierarchien ist mehrfach dokumentiert. Dazu gehörte damals vornehmlich die Hohepriesterschaft der jüdischen Religion, aber auch hierarchische Familien Konstrukte lehnte er ab. Die Struktur der Kirche, die in seinem Namen geschaffen wurde, könnte hierarchischer nicht sein. Es existieren darin nicht nur Hohe (Priesterschaften), der Klerus in seinem Gefolge, sondern es gibt einen Pabst, der über allem herrscht. Jesus jedoch lehnte Gotteshäuser ab. Die Kirche regiert in Protzbauten (Vatikan) und lässt zu seinen Ehren massenhaft Kirchen errichten. Will und wollte die Kirche Jesus nicht verstehen? Bei Jesus Zielen ist von ‚Liebe‘ in jeder Form die Rede, aber keinesfalls von Gehorsam, Demut, Armut, das die Kirche sich in seinem Namen auf die Fahne schreibt. Das Ziel ‚Liebe‘ ist denn auch nicht nur hinter Kirchenmauern entartet. Eine nicht geringe Zahl an Priestern zieht den Sex mit Kindern wegen deren ‚Reinheit‘ vor oder er sollte zumindest gleichgeschlechtlich sei. Die schützende Hand der Kirche gilt nach wie vor den Tätern von sexuellem Missbrauch in ihren Reihen, herausragende Beispiele sind dabei Ratzinger und Woelki. Und das geschieht dann im Namen unseres Herrn Jesu – Halleluja!
Residenz – Verlag
Werkausgabe, Band 1, Leinen, mit Lesebändchen.
240 Seiten, 30,- €
ISBN: 9783701735372
ADOLF HOLL- geboren 1930 in Wien, gestorben 2020 in Wien. 1954 zum Priester geweiht. Sein Buch „Jesus in schlechter Gesellschaft“ (1971) brachte ihn in Konflikt mit der katholischen Kirche. 1976 folgte die Suspendierung vom Priesteramt. Er lebte in Wien als Schriftsteller und freier Publizist. Zahlreiche Auszeichnungen, u. a. Österreichischer Staatspreis für Kulturpublizistik (2003) und Axel-Corti-Preis (2006). „Wie gründe ich eine Religion“ (2009), „Das Adolf-Holl-Brevier” (2010), „Können Priester fliegen?“ (2012), „Braunau am Ganges” (2015).

