Eine Dampflok braucht ein wenig, um in Fahrt zu kommen. Ruth Lillegraven treibt diese Lok mit norwegischer Gelassenheit an und erreicht am Ende die absolute Höchstgeschwindigkeit. Die Kulisse ihrer sozialkritischen Geschichte ist die wilde Landschaft Nordnorwegens. Ihr Thema ist die körperliche und seelische Gewalt gegen Kinder auch in den höchsten Kreisen. Darauf wirft Ruth Lillegraven einen klaren und sensiblen Blick.
Haavard und Clara sind auf den ersten Blick ein Traumpaar. Haavard ist Kinderarzt in einer Kinderklinik in Oslo. Clara ist Referentin des Innenministeriums. Haavard ist bestürzt über die vielen Fälle von Misshandlungen bei Kindern, mit denen er täglich konfrontiert ist. Sie haben zwei gemeinsame Söhne, die sie liebevoll aufziehen. Auch Clara versucht in ihrer Position auf der politischen Ebene Einfluss zu nehmen zur Gewalt gegen Kinder und gegen Missbrauch. Sie entwirft ein Gesetz, der die Meldepflicht aller öffentlichen Instanzen bei Verdacht auf Gewalt gegen Kinder oder Kindesmissbrauch einführen soll. Doch der Entwurf wird abgelehnt. Auch in Norwegen ist die Politik immer noch eine Männerdomäne, auch wenn sich starke Frauen zunehmend positionieren. Haavard wird mit einem Fall brutaler Gewalt gegen ein ausländisches Kind konfrontiert. Das Kind stirbt an den Folgen seiner Verletzung. Es steht fest, dass der muslimische Vater der Verursacher der Verletzungen ist. Wenig später nach dem Tod des Jungen wird er Vater in einem an das Krankenhaus angrenzenden Gebetsraum tot aufgefunden, erschossen mit einer Glock. Während einer „Betriebsfeier“ an der Haavard teilnimmt, wird eine Frau mit der gleichen Waffe erschossen. Auch ihr wird Gewalt gegen ihre Kinder nachgesagt. Die Tatwaffe gehört einer pakistanischen Kollegin, mit der Haavard ein Verhältnis hat. Sie schaffte sich die Waffe zum Schutz gegen ihren Mann an und bewahrte sie in ihrem Klinikschreibtisch auf. Seit dem Mord an dem muslimischen Vater ist die Waffe verschwunden. Haavard gerät schnell in Verdacht, mit den Morden in Verbindung zu stehen, da er eine Liste erstellt hat mit Menschen, die nachweislich ihre Kinder quälen. Er wird verhaftet. Clara ist mittlerweile die Karriereleiter hinaufgeklettert. Sie steht neben dem Innenminister in einer machtvollen, kompetenten Stellung. Die Verhaftung ihres Mannes wirkt zunächst wie ein Stolperstein. Ein dritter Mord geschieht und wieder wird das Opfer mit Kindesmisshandlung in Zusammenhang gebracht, die Tatwaffe ist wieder die Glock. Haavard kommt frei und stößt auf Unstimmigkeiten in Claras Angaben zu ihrer Vergangenheit. Er forscht nach und stößt auf Dinge, die ihn mächtig ins Schwanken bringen.
List Hardcover
400 Seiten, 16,99 e
Aus dem Norwegischen übersetzt von Hinrich Schmidt-Henkel.
ISBN: 9783471360415
Ruth Lillegraven wurde 1978 in Hardanger geboren und lebt heute in Bærum. 2005 debütierte sie mit einer Gedichtsammlung. Seitdem veröffentlichte sie Lyrik, Kinderbücher, ein Theaterstück und einen Roman. Tiefer Fjord ist ihr erster Psychothriller. Ihre Bücher wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem erhielt sie den Brage-Preis und den Nynorsk Literaturpreis.

