Bilder – Ullsteinverlag

Wer hätte gedacht, dass der Fund der Himmelsscheibe von Nebra 2001 uns ein solches Feuerwerk neuer Erkenntnisse beschert? Beeindruckend berichten Prof. Dr. Harald Meller und der Historiker Kai Michel von den Fenstern, die sich in eine Zeit vor ungefähr 4ßßß Jahren geöffnet haben. Und auch durch die hervorragende Illustration wird dieses Buch zu einem beeindruckenden Erlebnis.

Neue Technologien machen es möglich, einen präzisen Blick auf die Vergangenheit zu werfen, der bisher so nicht möglich war. Das hat zur Folge, dass beispielsweise die Grabhügel der Fürsten in Mitteldeutschland aber auch anderswo archäologisch und gewissenhaft untersucht werden und damit den Nebel in einer Zeit um 1.800 – 1.750 vor Christi hilft zu lichten. Willkommen, auf einer atemberaubenden Zeitreise in unserer Welt vor ca. 4.000 Jahren. Während in Ägypten, Mesopotamien (Babylon), Levante und vor allem Griechenland hochzivilisierte Kulturen entstehen, herrscht – so sagte es bisher die Geschichte – in Mitteleuropa Finsternis bezüglich Kultur, Sprache und Wissen. Dort hausen die Barbaren, so zumindest die Meinung der Griechen und Ägypter dieser Zeit. Aber stimmt das wirklich? Ganz im Gegenteil. In Mitteldeutschland, aber auch partiell in Niederösterreich, Böhmen und Polen herrscht zu der Zeit eine hochentwickelte Kultur mit den Namen Aunjetitz, benannt nach einem Dorf in Böhmen. Durch Grabbeigaben, nicht nur der Fürstengräber, lässt sich eine ähnlich hierarchische Gesellschaftsform wie bei den Ägyptern herleiten, halt nur in kleineren Einheiten. Es waren kleine, schlanke und übersichtliche Staaten, die daher auch keine Schrift benötigten. Auch für die Sicherheit wurde vermutlich mit einem eigenen Heer gesorgt. Keines der Langhäuser hatte Wehren oder Umzäunungen. Durch die Bronzelegierung der Sonnenscheibe, aber auch anderer Grabbeigaben, ist zu vermuten, dass Nebra ein Metallmonopol auf Zinn und Gold aus Cornwall besaß. Und von wegen Barbaren. Aunjetitz war eine feine, wohlgeordnete Kultur, die über 600 Jahre Bestand hatte. Ihre Religion, das ist inzwischen bekannt, war sonnenorientiert und der Lauf der Sonne bestimmte das Leben und die Feste. Weitere Untersuchungen der Scheibe haben ergeben, dass sie seit ihrer Entstehung 1.800 vor Christi, zweimal verändert wurde. Offenbar ist während dieser zeit wertvolles Wissen verloren gegangen. Der Astronom Ralf Hansen bezeichnet die Scheibe im übrigen als Lunisolarkalender. Doch woher kam dieses Wissen? Es gab zwei einwanderungswellen aus östlicher und südöstlicher Richtung, die dieses Wissen im Gepäck hatten (Schurkeramik-Volk und Glockenbecher-Volk). Doch offenbar nicht nur das Wissen, sondern auch die Gold Applikationen auf der Scheibe haben dort ihre Herkunft. Wie sehr die Völker weltweit bereits miteinander verknüpft waren, zeigt der rege Handel, den sie miteinander betrieben. Diese erhellende Entwicklung im Bereich der Archäologie ist noch in jeder Hinsicht ausbaufähig, es bleibt also spannend!

Propyläen Verlag

Hardcover mit Schutzumschlag

272 Seiten, 39,- €

ISBN: 9783549100271

Harald Meller, geboren 1960 in Olching, ist Direktor des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle an der Saale und Landesarchäologe von Sachsen-Anhalt. Er hat die Himmelsscheibe aus dunklen Kreisen gerettet und leitet ihre Erforschung durch ein internationales Wissenschaftlerteam. Darüber hat er mit Kai Michel im erfolgreichsten deutschen Archäologiebuch der letzten Jahre berichtet: Die Himmelsscheibe von Nebra. Der Schlüssel zu einer untergegangenen Kultur im Herzen Europas.

Kai Michel, geboren 1967 in Hamburg, ist Historiker und Literaturwissenschaftler. Er hat für große Zeitungen wie Die Zeit, die FAZ oder GEO geschrieben. Seit vielen Jahren begleitet er die Forschungen rund um die Himmelsscheibe. Er ist zudem Co-Autor der Bestseller Das Tagebuch der Menschheit und Die Wahrheit über Eva und lebt als Buchautor in Zürich und im Schwarzwald.